«Berceuse» bedeutet auf Deutsch «Wiegenlied». Ihrem Ensemble diesen Namen zu verpassen, zeugt von Mut und Zuversicht: Gross die Versuchung für zynischen RezensentInnen, fiese Sprüche über die zu besprechende Musik zu erfinden. Im vorliegenden Fall besteht für Bösartigkeit dieser Art keine Gefahr: In den Ohren dieses Schreibers klingen die neun Stücke keineswegs einschläfernd, sondern im Gegenteil sehr erfrischend, ungewöhnlich und subtil. Aufgenommen innert bloss vier Tagen, ist «Berceuses» – Band und Album – ein archetypisches Produkt des prächtigen Neuenburger Labels Hummus Records, das schon in seiner Organisation stark auf Kollaboration und Experiment baut. Berceuses ist ein Oktett von zumeist auch als Solokünstlerinnen bekannten Stimmen, die allesamt die ihnen vertrauten Instrumente einbringen: Delia Meshlir (Saxophon), Elie Zo. (Bass), Melissa Kassab (Gitarre), Sara Oswald (Cello), Aurélie Emery, Gael Kyriakidis, Laure Betris und Perrine Berger greifen zwischendurch auch nach Synthi, Flöte, Metallophone und Perkussion. Die Lieder erinnern da an sardische Volkschöre, dort an gotische Träumereien – oder sind einfach schöne Chansons. Es wäre unfair, das hypnotisch minimalistische «You Belong» als Highlight hervorzuheben: Die ganze Liedersammlung ist federleicht im Touch und frühlingshaft in der Wirkung. hpk.
Humus-Records