Nach drei Platten plus einem Livealbum warfen Portishead das Handtuch. Zwar fand die stilbildende Trip-Hop-Band aus Bristol seither immer wieder mal für ein Konzert zusammen, aber nie auf Dauer. 2002 veröffentlichte Sängerin Beth Gibbons gemeinsam mit dem früheren Talk- Talk-Bassisten Paul Webb (alias Rustin Man) «Out of Season». Ein launiges Werk, das Folk mit Jazz verknüpfte. 2013 kündigte die Britin ihr Solodebüt an, das nun endlich, endlich vorliegt: «Lives Outgrown » verzichtet sowohl auf Breakbeats als auch auf Jazz. Womit Gibbons auf Abstand zu ihrem bisherigen Sound geht. Woran sie hingegen bis heute festhält, ist die Schwermut. Die zieht sich wie ein roter Faden durch die zehn Tracks, in denen die 59-Jährige über die Konsequenzen der Lebensmitte und die schwindenden Chancen ihrer Existenz sinniert. «Floating on a Moment» zelebriert eine melancholische und zugleich befreiende Erinnerung, «Lost Changes», eine barocke Pop-Reflexion, kommt zur Einsicht, dass Veränderung die einzig Lebenskonstante ist, und «Burden of Life» erweist sich zugleich als folkige Meditation und als Horror-Soundtrack, der auf die Klassik zurückgreift. Mit getragener Stimme trägt Beth Gibbons ihre dunklen Weisen vor, die mal herausfordernd, häufig schön und immer fesselnd sind.
mig.