Vorabmeldung: Gewalt erobern am 19. November die Schweiz. Dann nämlich überfällt «Paradies», ihre Doppel-LP samt Buch, die Plattenläden. Wer also noch Neubauten, Rammstein, Kettcar, Tocos, Zitronen, Falco, Fluppe, Hosen oder sonst einen Mist hört, kann das jetzt weglegen. Gewalt übernehmen das. «Absolut anders!», schreibt User Alex Knüppel im Youtube-Kanal der Band. Stimmt, Gewalt ist mit nichts zu vergleichen, was die Fliessbänder des Diskurs-Indies, Betroffenheits- Pops, Dumpfbacken- Raps und Studenten- Electrogefummels in den letzten Jahren fabriziert haben. Patrick Wagner, Helen Henfling und Jasmin Rilke liefern mit «Paradies» ein düsteres Psychogramm der Ausweglosigkeit, das Protokoll des kaputten Kapitalismus’. Ein intensives, wahnsinniges, starkes Manifest, erschaffen mit Beton- Beats, Kreischgitarren, Schredder-Bass und panischem Sprechgesang. «Stirb es gleich» lässt wenig Hoffnung, «Jahrhundertfick» zitiert im Geiste Grandmaster Flash und Falco, «Die Wand» ist eine kaputte Neuauflage des Berliner Mauer-Dramas, «Stumpfer werden» gibt dem noch den Rest. Und der Titelsong «Paradies» zerschlägt mit Front-242-Artillerie jede Hoffnung. Am Ende der LP steht «3:35 Uhr» und zitiert die Melancholie der 1990er. Gewalt kämpfen gegen die Angst, dass dies hier alles vergebens ist. fis.
Label: Clouds Hill